Schutz- und Präventionskonzept

Hier können Sie die Selbstverpflichtungserklärung herunterladen:

Präambel

Das Schutz- und Präventionskonzept der Stadtkapelle Überlingen e.V. für Kinder und Jugendliche lehnt sich an §8a, SGB VIII an, das alle Träger von Jugendarbeit den Auftrag erteilt, Kinder und Jugendliche, die nach dem Jugendschutzgesetz (§1 Abs. 1 JuSchuG) als minderjährig gelten, vor Kindeswohlgefährdung zu schützen. Die Stadtkapelle Überlingen e.V. sowie ihre tätigen und betreuenden Personen der Orchestermitglieder verpflichten sich, diesem Konzept Folge zu leisten.

Psychische oder sexualisierte Gewalt sind Handlungen gegen den Willen von Kindern unter 14 Jahren, Jugendlichen unter 18 Jahren oder schutzbefohlenen Personen. Diese Gewaltformen treten in unterschiedlichen Ausprägungen und Schweregraden auf, die wie folgt unterschieden werden:

  1. Grenzverletzungen
    Hierbei handelt es sich um einmalige, meist unbeabsichtigte oder aus Unachtsamkeit begangene Überschreitungen persönlicher Grenzen – etwa des Wohlbefindens, der Intimsphäre oder der Persönlichkeitsrechte.
  2. Übergriffen
    Dies sind bewusste, wiederholte und/oder massive Grenzverletzungen. Sie zeichnen sich durch die Missachtung ablehnender Reaktionen der betroffenen Personen oder durch das Ignorieren kritischer Rückmeldungen Dritter aus.
  3. Sexuelle Übergriffe
    Diese können ohne Körperkontakt erfolgen – zum Beispiel durch sexistische Bemerkungen, Mobbing, unangemessenes Flirten Erwachsener gegenüber Kindern oder Jugendlichen sowie voyeuristisches Verhalten. Mit Körperkontakt äußern sie sich etwa durch unerwünschte Berührungen mit sexueller Konnotation, vermeintlich zufälliges Anfassen im Intimbereich oder unangemessen intime Nähe im Alltag.

Ein Verhalten wird strafrechtlich relevant, wenn dabei Tatbestände wie Körperverletzung, sexuelle Nötigung, Erpressung oder sexueller Missbrauch erfüllt werden – mit oder ohne Körperkontakt.

Sexueller Missbrauch ohne Körperkontakt umfasst unter anderem das Zeigen pornografischer Inhalte, das Auffordern zu oder Verüben sexueller Handlungen in Gegenwart von Kindern, Jugendlichen oder Schutzbefohlenen, sowie die Verabredung zu sexuellen Handlungen, beispielsweise über digitale Kanäle.

Sexueller Missbrauch mit Körperkontakt liegt immer dann vor, wenn gegen den Willen der betroffenen Person sexuelle Handlungen vorgenommen werden – etwa Küssen, intensives Streicheln oder das Erzwingen von Berührungen im Intimbereich.

In der (musikalischen) Vereinsarbeit der Stadtkapelle Überlingen e.V. lassen sich insbesondere vier Risikofaktoren identifizieren, die grenzverletzendes Verhalten oder sexualisierte Gewalt begünstigen können:

  1. Räumliche Nähe und körperliche Berührung
    Enge körperliche Nähe in Proben- oder Konzertsituationen sowie in der Einzelarbeit, z. B. bei Registerproben, kann zu unbeabsichtigten oder bewusst gesetzten Grenzüberschreitungen führen – insbesondere wenn persönliche oder intime Räume nicht respektiert werden.
  2. Geselliges Beisammensein
    Gemeinsame Aktivitäten wie Konzertfahrten, Feierlichkeiten oder intensive Zusammenarbeit bei Vereinsveranstaltungen bieten Räume informeller Begegnung, in denen persönliche Grenzen leicht übertreten werden können.
  3. Wettkampf und Leistungsorientierung in der Probenarbeit und bei Wertungsspielen.
  4. Hierarchien, Strukturen und Machtverhältnisse
    Strukturen mit klaren Rollen – etwa von Dirigenten, Jugendwarten, Vorstandsmitgliedern oder erfahrenen Musiker:innen – bergen ein Risiko. Dies betrifft z. B. Entscheidungen zur Stimmverteilung, Aufforderungen zur Mitwirkung bei Vereinsaufgaben oder zur Übernahme organisatorischer Verantwortung.

Präventions- und Schutzkonzept

Im nachstehenden Abschnitt werden Maßnahmen vorgestellt, die die Stadtkapelle Überlingen e.V. zum Schutz der im Verein aktiven Kinder und Jugendlichen durchführt und die damit, neben den gesetzlichen Bestimmungen aus dem Jugendschutzgesetz für die (musikalische) Vereinsarbeit und sonstige Vereinsaktivitäten gelten.

  • Bekanntmachung in der Vorstandssitzung und Beschluss zur Einhaltung bei allen Veranstaltungen und Vereinsaktivitäten der Stadtkapelle Überlingen e.V..
  • Platzierung des Konzepts auf der Homepage zur öffentlichen Einsichtnahme.
  • Offene Ansprache und Diskussion des Themas der psychischen und sexualisierten Gewalt gegenüber Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen in den Orchestern, dem Vorstand und dem Förderverein der Stadtkapelle Überlingen e.V..
  • Verpflichtung des geschäftsführenden Vorstands sowie des Jugendwarts der Stadtkapelle Überlingen e.V. für Konzertfahrten mit Übernachtung ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen. Für das Führungszeugnis gelten die gesetzlichen Bestimmungen.
  • Für die Stadtkapelle Überlingen e.V. tätige Verantwortliche und Betreuer:innen unterzeichnen bei Konzertfahrten eine Selbstverpflichtungserklärung (Anlage 1).
  • Die Stadtkapelle Überlingen e.V. wählt turnusgemäß einen/eine Beisitzer:in im Vorstand als Jugendwart, der/die sowohl für den Vorstand als auch die Orchestermitglieder sowie deren Erziehungsberechtigten und Dritte als Ansprechperson im Verein gilt.

Probearbeit

  • Für die Orchestermitglieder stehen bei Konzertfahrten sowohl männliche als auch weibliche Ansprechpersonen zur Verfügung, an die sich die Kinder und Jugendlichen jederzeit wenden können.
  • Alle Orchestermitglieder sind ohne Bevor- oder Benachteiligung gleich zu behandeln. Dringlichste Abweichungen sind mit Dirigenten bzw. Vorstand zu klären.
  • Die Auswahl der Probenleitung erfolgt neben deren fachlichen Kompetenzen auch auf pädagogischen Fachkenntnissen und deren professionellem Umgang mit den Orchestermitgliedern in den Registerproben.

Konzertfahrt mit Übernachtung

  • Die Unterbringung von minderjährigen Orchestermitgliedern und Betreuer:innen erfolgt getrennt. Zusätzlich wird nach Geschlechteridentität getrennt.
  • Bei Regelverstößen auf den Zimmern erfolgen die Zimmerbesuche von Betreuer:innen desselben Geschlechts. Gleiches gilt bei Streit, Heimweh oder ähnlichem.
  • Bei Verletzungen oder Arztbesuchen werden die Ersthelfer:innen von einem/einer Betreuer:in desselben Geschlechts begleitet.
  • Gemäß den gesetzlichen Grundlagen ist Minderjährigen der Zugang zu Alkoholika und Rauschmitteln nicht gestattet.

Interventionsleitfaden

1. Wenn sich Kinder oder Jugendliche anvertrauen und von Übergriffen berichten

  • Ruhe bewahren: Spontane oder überstürzte Reaktionen sind zu vermeiden. Das Anliegen wird ernst und mit Empathie aufgenommen.
  • Aussage ernst nehmen: Dem Kind oder Jugendlichen wird Glauben geschenkt. Das Erlebte wird nicht relativiert oder verdrängt.
  • Keine Schuldzuweisung: Es wird klar und altersgerecht vermittelt, dass das betroffene Kind oder der/die Jugendliche keine Schuld an dem Erlebten trägt.
  • Vertraulichkeit mit Verantwortung: Es wird erklärt, dass das Gesagte vertraulich behandelt wird. Gleichzeitig wird angekündigt, dass Hilfe und Beratung hinzugezogen werden können – ohne dabei falsche Versprechungen zu machen. Grundsatz: So viele Menschen wie nötig, so wenige wie möglich informieren.
  • Einbeziehung des Betroffenen: Der/die Betroffene wird altersgerecht über die nächsten Schritte informiert und – sofern möglich – einbezogen. Alle Gespräche und Maßnahmen werden schriftlich dokumentiert.
  • Schutz der persönlichen Integrität: Das Kind bzw. der/die Jugendliche wird davor geschützt, Details mehrfach oder in unangemessenen Situationen schildern zu müssen. Die Entscheidung, wem was erzählt wird, liegt – soweit möglich – beim Betroffenen.
  • Kein Kontakt zum mutmaßlichen Täter/von zur beschuldigten Person: Diese Person wird unter keinen Umständen mit dem Verdacht konfrontiert. Informationen werden nicht an unbeteiligte Dritte weitergegeben.

2. Wenn Orchestermitglieder, Betreuer:innen oder Eltern einen Verdacht äußern

  • Vertrauliche Kontaktaufnahme: Erste Ansprechpersonen sind Dirigent:in, Jugendwart:in oder ein Vorstandsmitglied. Der Sachverhalt wird behutsam besprochen.
  • Klärung der Situation: Es erfolgt eine gemeinsame Einschätzung des Verdachts. Die Faktenlage wird dokumentiert und – bei Bedarf – professionelle Fachberatung (z. B. Jugendamt, Fachberatungsstellen) hinzugezogen.
  • Vertraulichkeit wahren: Alle Informationen werden vertraulich behandelt. Bei unbegründetem Verdacht erfolgt keine Weiterverfolgung, die Vertraulichkeit bleibt gewahrt.
  • Folgemaßnahmen bei begründetem Verdacht: Gespräche mit dem betroffenen Kind oder Jugendlichen, den Erziehungsberechtigten sowie ggf. mit der beschuldigten Person erfolgen auf sachlicher, geschützter Basis.
  • Opferschutz hat Priorität: Der Schutz des betroffenen Kindes oder Jugendlichen steht an oberster Stelle. Gleichzeitig wird sichergestellt, dass keine Seite unberechtigt Einfluss nimmt. Bei falscher Verdächtigung wird der Ruf aller Beteiligten geschützt.

3. Wenn der Verdacht außerhalb der Vereinsarbeit besteht

Auch bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung im familiären oder privaten Umfeld gelten die oben genannten Abläufe: Vertrauensvolle Annahme des Anliegens, sachliche Klärung, Einbindung von Fachkräften und absolute Vertraulichkeit.

Ansprechpersonen und Beratungsstellen

Zentrale Ansprechpersonen zum Thema Grenzverletzung und sexualisierte Gewalt sind der geschäftsführende Vorstand, der Jugendwart und die Dirigenten der Stadtkapelle Überlingen e.V. Bei Konzertfahrten, an denen Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen teilnehmen, werden im Voraus weibliche und männliche Ansprechpersonen festgelegt und den Orchestermitgliedern vorgestellt. Die Kontaktdaten des Jugendwarts werden den Erziehungsberechtigten ebenfalls vor den Konzertfahrten mitgeteilt.

Initiative „Kein Raum für Missbrauch“
Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs
Hilfetelefon Sexueller Missbrauch
📞 +49 800 2255530 (kostenfrei und anonym)
✉️ kampagnenbuero@kein-raum-fuer-missbrauch.de
🌐 www.kein-raum-fuer-missbrauch.de


Bund deutscher katholischer Jugend (BDKJ)
BDJK Bundesstelle
✉️ praevention@bdkj.de
🌐 www.bdkj.de/themen/praevention

Caritas Bodensee-Oberschwaben
Morgenrot
Fachberatungsstelle bei sexualisierter Gewalt
Schlachthausstr. 5
88662 Überlingen
📞 +49 7551 9 44 47 46
✉️ info@beratungsstelle-morgenrot.de
🌐 www.beratungsstelle-morgenrot.de